WSBK Assen: Einstellige Temperaturen, Wind und Regen ein Sicherheitsproblem?

Niedrige Temperaturen, Wind und Regen bei der Superbike-WM in Assen: Einige Piloten sorgen sich um die Sicherheit, andere sind vollkommen entspannt

(Motorsport-Total.com) - Die Piloten der Superbike-WM müssen sich beim dritten Rennwochenende der Saison in Assen (Niederlande) auf winterliche Bedingungen einstellen. Am Donnerstagmorgen lag die Temperatur bei lediglich 1°C. Und auch für Freitag, Samstag und Sonntag sieht die Prognose ernüchternd aus. Wir haben uns im Fahrerlager umgehört und gefragt, ob die niedrigen Temperaturen ein Sicherheitsproblem darstellen.

Titel-Bild zur News: Assen

Die Wetteraussichten setzen eine gewisse Leidensfähigkeit der Fans voraus Zoom

"In den vergangenen Jahren war es auch nicht besonders warm. Selbst 2019, als es geschneit hat, wurden gute Rundenzeiten gefahren", kommentiert Yamaha-Pilot Philipp Öttl, der keine Probleme erwartet.

"In Le Mans bin ich im Vorjahr bei 3°C gefahren und es ging auch", erinnert sich der Deutsche an seinen Start beim Langstrecken-Klassiker. Durch den Wind in Assen besteht allerdings die Gefahr, dass die Reifen auf den Geradeaus-Passagen auskühlen.

"Man muss aufpassen, dass man immer Temperatur im Reifen hat. Das ist sehr wichtig", betont Philipp Öttl. "Mit einem Superbike kann man hinten sehr schnell Temperatur kreieren, aber vorne ist es schwieriger. Man kann nicht zwei Runden langsam fahren und dann pushen. Das funktioniert nicht. Man muss das Tempo schon halten."

Die weiche Konstruktion der Pirelli-Reifen hilft bei niedrigen Temperaturen. "Bei den Moto2-Reifen von früher würde ich es kritischer sehen, doch die Pirelli-Reifen halten die Temperatur gut. Ich hoffe aber, dass die Reifen nicht aufreißen", bemerkt Philipp Öttl.

Philipp Öttl

Philipp Öttl erwartet keine Probleme und erinnert sich an Le Mans 2023 Zoom

Marcel Schrötter: "Bewegen uns am Limit"

Landsmann Marcel Schrötter, der für MV Agusta in der Supersport-WM antritt, stuft die Bedingungen als kritisch ein: "Wir bewegen uns hier schon am Limit. Es ist okay, wenn wir 10°C haben und die Sonne scheint. Dann erwärmt sich der Asphalt. Aber wenn die Sonne nicht scheint und es windig ist, dann wird es schon schwierig, weil die Reifen auf den Geraden auskühlen."

"Die vorletzte Kurve ist richtig schnell. Das ist nicht optimal, sag ich mal", bemerkt Marcel Schrötter im Gespräch mit Motorsport-Total.com. "Wenn wir nur 9°C haben, es bewölkt ist und der Asphalt 11°C hat, dann schau ich am liebsten gar nicht auf den Monitor. Man muss da einfach durch. Unterm Strich ist es für alle gleich."

Marcel Schrötter

Marcel Schrötter hofft, dass die Sonne den Asphalt erwärmt Zoom

Marcel Schrötter bestätigt, dass die Pirelli-Reifen bei niedrigen Temperaturen besser funktionieren als die Dunlop-Reifen, die bis 2023 in der Moto2-WM zum Einsatz kamen. "Die Moto2-Reifen von Dunlop waren viel härter. Der Pirelli-Reifen vermittelt dem Fahrer mehr Sicherheit", vergleicht Schrötter.

"Doch dafür reagiert er empfindlicher bezüglich der Lebensdauer. Ich denke, ein SCX könnte hier nach drei Runden kaputt sein", grübelt Schrötter, der sich um die Haltbarkeit der weichen Hinterreifen-Option sorgt.

Pirelli

Bei Kälte besteht die Gefahr, dass die weichen Pirelli-Mischungen aufreißen Zoom

Könnte die MotoGP bei derartigen Bedingungen überhaupt fahren?

Wir haben auch Ex-MotoGP-Pilot Remy Gardner befragt. Der Australier erwartet keine großen Probleme bezüglich der Pirelli-Reifen in der Superbike-WM. "Der Vorderreifen wird kein Problem darstellen. Das einzige Problem sind die weichen Hinterreifen. Ich hoffe, dass wir genug trockene Sessions haben, um zu verstehen, ob wir den weichen Hinterreifen verwenden können oder nicht", erklärt Gardner.

Aber könnte die MotoGP bei einstelligen Temperaturen fahren? "Sie könnten fahren, aber es wäre grenzwertig", vermutet Gardner und begründet: "Es wäre heikel, die Vorder- und Hinterreifen auf Temperatur zu bringen."

Remy Gardner

Remy Gardner würde ungern mit den MotoGP-Reifen bei einstelligen Temperaturen fahren Zoom

Ex-Grand-Prix-Pilot Xavi Vierge sieht es ähnlich. "Einer der Vorteile der Pirelli-Reifen ist, dass sie bei niedrigen Temperaturen noch besser funktionieren. Derartige Temperaturen wären mit den Dunlop-Reifen in der Moto2 kritisch gewesen. Vermutlich wäre es auch für Michelin in der MotoGP schwierig", analysiert der Spanier.

Michelin

Das Aufwärmverhalten der Michelin-Reifen in der MotoGP ist kritischer als das der WSBK-Reifen von Pirelli Zoom

"Wenn die Temperaturen sinken, dann ist es schwierig. Mit den Pirelli-Reifen hatte ich aber nie Probleme bei niedrigen Temperaturen. Im Gegenteil: Es wird schwieriger, wenn es richtig heiß ist. Dann muss man sehr vorsichtig sein, um das Maximum aus den Reifen herauszuholen", erklärt Vierge und bilanziert: "Normalerweise ist es hier kein Problem. Auch in der Vergangenheit war es hier ziemlich kalt."

Xavi Vierge

Xavi Vierge vermutet, dass die MotoGP größere Probleme hätte als die WSBK Zoom

Erneut keine Klarheit über die Kräfteverhältnisse in der WSBK 2024

Die speziellen Bedingungen mit möglichem Regen haben zur Folge, dass es an diesem Wochenende erneut schwierig werden könnte, die klaren Kräfteverhältnisse zu erkennen. Bereits Phillip Island und Barcelona haben auf Grund der besonderen Reifensituation zu Überraschungen geführt.

"Wenn es wechselhaft ist, dann wird es die Reihenfolge wieder etwas durcheinander mischen", bestätigt Yamaha-Pilot Dominique Aegerter. "Wenn es am Freitag regnet, dann weiß niemand, wie sich die Reifen verhalten und welche Mischung in Frage kommt."

Dominique Aegerter

Dominique Aegerter hofft, dass die Trainings im Trockenen stattfinden Zoom

Für den Trainingsauftakt am Freitag werden laut aktueller Prognose lediglich 9°C vorausgesagt. Da es in der Nacht zum Freitag regnen soll, besteht die Gefahr, dass der Kurs im ersten Training nicht trocken ist. Für Freitagnachmittag wird böiger Wind vorausgesagt.

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